Ostern mit Pomp und Herz

Vor sechs Jahren brannte die Kathedrale Notre-Dame in Paris nieder. Das hat uns alle zutiefst erschüttert. Jetzt ist die Freude groß, dass sie wieder steht und man erfreut sich an der (objektiven) Schönheit.
In 300 Jahren Mittelalter wurden in Frankreich mehr Steine bewegt als in 3.000 Jahren Pharaonenherrschaft in Ägypten.
Und irgendwie fasziniert mich dieser Gedanke. Nicht, weil ich ein Kulturchristentum propagiere, sondern weil vor 2.000 Jahren ein Stein auf wunderbare Weise von diesem Grab entfernt wurde und eine eben solche Kraft in vielen Menschen ist, die für ihre Kirche und somit natürlich für Christus großartiges tun.
Ich denke hier an die Hagia Sofia, den Petersdom, an den Stephansdom.
Natürlich ist mir bewusst, dass es Prunk und Pomp in der Kirche gibt. Und dass dies immer wieder in verschiedenen Bewegungen kritisiert wurde. Schon gleich zu Beginn gab es Mönchsväter in Ägypten, die in Höhlen gelebt haben. Es gab die Bettelorden des 13. Jahrhunderts. Ein Jahrhundert davor die Zisterzienser, die zu viel Prunk auch ablehnten. interessanterweise bleiben sich die Bettelorden und die Zisterzienser in diesem Punkt nicht treu. Sie bauen dann auch irgendwann pompöse Kirchen.
Eine herrlich schöne Kirche will uns zeigen, wie der Himmel ist. Eine herrlich schöne Kirche will das Jenseits ein Stück in unser Diesseits bringen.
Und dann gab es im letzten Jahrhundert eine Bewegung, die alles schöne, gesungene, goldene in der Liturgie abgelehnt hat.
Es wurden Kirchen gebaut, die ganz bewusst an Fabrikhallen erinnern sollten. Ich gehe sogar soweit, dass Kirche, dass wir als Priester die Leute bewusst verwirren wollten. Statt den Glauben zu fördern, haben wir hinterfragt und hinterfragt, bis wir selber nicht mehr geglaubt haben.
Mit dem Verlust der Schönheit ging immer der Verlust des Glaubens einher.
Aber, warum nicht wirklich die Einfachheit. Das einfache Antlitz des Jesus Christus, des Zimmermanns aus Nazareth.
Das geschundene Antlitz dessen, der vor den Toren Jerusalem brutal getötet wurde.
Das Antlitz dessen, den Maria von Magdalá im Morgenlicht des Ostermorgens nicht sofort erkennt, aber beim zweiten hinsehen für sie alles ist. Alle Erlösung in diesem Antlitz.
Das Antlitz, das uns Schwester Faustina im Barmherzigen Jesus zeigt.
In Seiner Anwesenheit glauben die Menschen. Es bedarf keiner Erklärung.
Nein, ich glaube nicht, dass wir noch mal große Kathedralen bauen werden.
Im kleinen Island wird gerade eine katholische Kirche gebaut. In Frankreich wurden in dieser Osternacht knapp 18.000 Menschen getauft. Es gibt durchaus Aufbrüche in der Kirche. Auch in Europa.
Ich möchte mich und euch an eine Sache erinnern, die man durchaus mit der Schönheit in Verbindung bringt und die uns vielleicht rettet: Es ist die Ordnung.
Ostern ist ja nicht irgendwann im Jahr platziert, sondern am Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühjahr. Kirche und Liturgie stellt sich unter die Ordnung der Gestirne.
Ostern im Frühjahr. Weil das Frühjahr Licht und Aufbruch bedeutet.
Und auch der alte, gesunde Sieben-Tage-Rhythmus wird beibehalten. Am Sabbat, am Ruhetag, ist Grabesruhe.
Und im heutigen Osterevangelium ist für mich die Ordnung auch so augenscheinlich. Alles ist geordnet im Grab und selbst die Tücher liegen nicht wild herum sondern gefaltet an einer Stelle.
Pater Ulrich predigt über Ordnung —> Da könnte auch ein Bestatter über Schwangerschaftsgymnastik reden.
In der Bibel ist es immer wieder augenfällig, wie es seinen heiligen Raum gibt. Mose zieht seine Schuhe aus beim brennenden Dornbusch, denn er weiß, hier ist heiliger Boden. Der Apostel Johannes (der Lieblingsjünger!) geht nicht in das Grab. Es gibt eine heilige Ordnung, Petrus ist in der Rangordnung oben drüber und darf zuerst reingehen.
Ich kann mich erinnern, wie ich als Kind in Finnland eine orthodoxe Kirche besucht habe. Wir wussten ja, in einer Kirche, da darf man überall hin. Prompt sind ein paar hinten die hinter die Ikonostase. Die Wand mit Ikonen ist nicht einfach eine schöne Wand, sondern trennt den heiligen Bereich vom anderen Bereich ab. Unser finnischer Begleiter war entsetzt und hat sich geschämt für uns.
Woher sollten wir das wissen? Kommunionbank, Altarraum. Es gibt in der Weltkirche durchaus Bestrebungen, darauf wieder mehr Wert zu legen. Weil uns der Sinn für das Heilige und die daraus resultierende Ordnung abhanden gekommen ist.
In der westlichen Zivilisation ist eine Kraft am Werk, die alles schlecht redet und zerstörerisch ist. Ja, ich gehe sogar soweit, dass sie bis in unser Erbgut vorgedrungen ist.
Wir schauen auf die Geschichte des Christentums und kommen aus dem Schämen nicht mehr raus.
Gegen diese destruktive Kräfte in uns hilft uns die Ordnung. Wir halten gemeinsam mit Maria am Grab inne, bleiben und suchen weiter das Antlitz unseres Herrn und Meisters und ER wird uns antworten.
Der heilige Raum, die heilige Zeit, aber vor allem das Dableiben, nicht wie die Apostel Petrus und Johannes gleich wieder weiter ziehen, sondern auf Jesus hin hoffen, dass das beste - unsere Begegnung mit dem Auferstandenen noch vor uns liegt.
Und Maria von Magdalá weint und bleibt. Natürlich sind es auch Tränen der Enttäuschung, dass das Leben mir so oder so mitspielt.
Es sind Tränen, die mein Herz empfänglich machen für seine Sendung. Die Trauernde wird selber zur Botin der Auferstehung.
Beim allem Pomp und Gloria merke ich hier, dass es nur mein Herz ist, mit dem ich meinem G´tt und meinem barmherzigen Heiland begegne.
Die heilige Zeit am Sonntagmorgen und der heilige Ort in der Kirche lenken meinen liebenden Blick nach oben - zu Dir G’tt. Von Dir hoffe ich alles, erbete ich alles.
So wie Du mich in diesem Moment liebend anblickst, soll auch mein Blick werde. G’tt, ich bitte Dich, gib mir diesen neuen, österlichen Blick, dass ich in Liebe mich und den andern anschaue. Amen.
Zusatz (nicht gepredigt)
Ich bin nicht der, der in eine andere Zeit zurück will, der sagt, früher war alles besser. Aber alles so hinzu stellen, als ob mit dem Christentum alles abwärts ging, ist teuflisch.
Die Christen übernahmen das römische Weltreich. Das wird uns sofort so verkauft, dass sie intolerant waren.
Oh, die Christen wurden nicht mehr getötet und vor die Löwen geworfen. Oh, plötzlich lagen keine Neugeborenen mehr in der Gosse, sondern das Leben von der Empfängnis bis zum Tod hatte einen Wert.
Christliche Staaten erobern Amerika. Oh, plötzlich waren keine Menschenopfer mehr erlaubt. Wie fortschrittlich doch die Azteken, Maja und Inka waren und dann kamen die bösen Katholiken....
und und und